Mittwoch, 12. Dezember 2007

Gibt's nicht, geht nicht (oder so)

Bei diesem Text handelt es sich um eine ausschließlich für mich selbst geschriebene Erinnerungshilfe, sodass mir das folgende küchige Ereignis mit all seinen Kleinlichkeiten memoriert bleibe.
Wie einst Phettberg zwischen Frucade und Eierlikör entscheiden ließ, so stehe ich heute vor der Frage, welches der beiden Erdbeerknödelrezepte, die wir vorsorglich aus dem Internet heruntergesaugt haben, ich verwenden soll, um unseren Hosts auf der Farm in der Gegend von Wairarapa (genauer gesagt: von Martinborough 10 km Richtung Süden; in der von sanften Hügeln gesäumten braungrünen Einöde) Genüge zu tun. Als gut, ich mache die einfache Variante mit 500 g Topfen, 60 g Butter, 200 g Mehl, 3 kleinen Eiern, etwas Salz, Vanillezucker und 12 großen Erdbeeren. Zu mehr bin ich heute nicht fähig, zumal ich solch Süßspeise auch noch nie zubereitet habe. Mela, in einem Anfall von Vorzeigelust, beschloss bei unserer Ankunft, mich dies tun zu lassen und unterbreitete unserer Gastgeberin den nämlichen Vorschlag: Eric macht das schon ...
Also gut. Ich wehrte mich nicht. Da steh ich jetzt! Und bereite vor! Und suche erst mal alle Sachen zusammen. Kann ja auch nicht so schwer sein, das. Butter wiegen und schmelzen. Die Küchenwaage ist leider etwas ungenau, sodass ich die 60 g nicht richtig abschätzen kann. Gut. Egal. Statt 500 g Topfen haben wir nur 350 g Quark und für die restliche Menge muss dann eben der Cottage-Cheese herhalten. Gut. Egal. Weiter geht’s: Ich vermische Topfen mit Eiern, Mehl, etwas Salz und der zerlassenen Butter. Heraus kommt eine Masse, die in ihrer Konsistenz an allzu weichen Kuhdung erinnert, und während sich vor dem Hintergrund einer orange untergehenden Sonne die Falter und neuseeländischen Gelsen die Nasen am Küchenfenster plattdrücken, stelle ich ihn kalt, meinen Brei. Ich hoffe inständig, dass sich da was tut – im Refrigerator, sonst werden das höchstens Spätzle, die wir zu unseren Erdbeeren essen können.
Jetzt aber zu den Butterbröseln, die da ja auch dazu gehören. In meiner Verwirrung lese ich statt jeweils 30 g Kristallzucker und Semmelbrösel 300 g von jeder Zutat. Erst nachdem ich alles in eine Plastikschüssel geschüttet habe, fällt mir der Fehler auf und ich versucher verbissen, die Bestandteile voneinander zu trennen. Erst auf der letzten Farm musste ich Mulch und Erde voneinander trennen (eifrige Blogleser wissen!). So schwer kann das ja auch hier nicht sein. So ist es: Nach zehn Minuten schweißtreibenden Auseinanderpickens schütte ich gut die Hälfte der untrennbar konglomerierten Masse einfach weg. Falsch. Damit es keiner merkt, trage ich die Tupperware voll des Ungemachs nach draußen und entlasse meinen Überschuß in hohem Bogen in die antipodische Freiheit. Man muß zugeben: Er hat es sich ja auch verdient. Jetzt aber rasch den Zucker karamelisieren und mit dem Semmelstaub keineswegs nährwertfreie Butterbrösel gezaubert. Eine herrlich kalorische Bombe.
Aus dem Kühlschrank entnehme ich hernach die Topfenmasse, deren Zähigkeit hoffentlich ... Entsetzen zeichnet mein von zuviel Neuseelandsonne gegerbtes Gesicht ... Da tut sich ja überhaupt nichts! Alles wie gehabt. Keine Spur von Verdickung oder Verzähung der Masse. Ich bin total verkümmert und will mir schon das Leben nehmen, doch Mela entwindet mir im letzten Moment den Stabmixer. Puh. Wieder mal einem grausamen Tod von der Schaufel gesprungen.
Trotzdem gibt es da kein Knödelformen und Teigenden-Übereinander-Schlagen. Die Erdbeeren schlabbern in einer zähen Masse umher und suchen schwerkraftgetrieben den tiefen Grund meines Hilfsknödellöffels. Mittlerweile sind bereits 50 Minuten vergangen und die Esser warten im angrenzenden Wohnzimmer – immer in Hör- und Sehweite. Was hilfts. Jetzt müssen härtere Geschütze aufgefahren werden: Flugs kommt der Grieß zum Einsatz mit dem wir löffelweise unseren topfigen Tümpel verdichten. Und wirklich – je mehr Grießzusatz, umso umsetzbarer der ursprüngliche Plan. Eines nach dem anderen entstehen schludderige Gebilde mit jeweils einer Erdbeere im Herzen, und schon vierzig Minuten später sind sie fertig: 18 bildschön verwerdagelte Erdbeertopfenknödel – von der Natur des Herstellungsprozesses gezeichnet.
Gastgeberin und Tochter sind begeistert und stellen Vergleiche mit jenem österreichischen Wwoofer an, der letzte Weihnachten einen Apfelstrudel von gigantischen 12 Metern (oder vielleicht auch nur 1,2 m) in ihrem übergroßen Backrohr gezaubert hat. Wir diskutieren nun gediegen über Zubereitungsweisen verschiedenster Süßspeisen, trinken neuseeländischen Weißwein und sind uns einig, dass früher alles besser war.
Die Mühe hat sich wieder einmal gelohnt. (eric)

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

@eric: wer das bild genauer betrachtet, koennte auch meinen, du hast gerade das "zirkuszelt" aufgestellt, sprich die morgenlatte (damit ist nicht kaffee gemeint...) erhebt sich...

Anonym hat gesagt…

Ich hab schon keine Lachtränen mehr... Eric, der köstliche König des Understatements!

Miriam hat gesagt…

Stimmt... und da hast du dir ja wirklich was vorgenommen, Knödel mit Fruchtfüllung zählen ja nicht gerade zu den einfachsten Rezepten. Jedenfalls läuft mir das Wasser im Mund zusammen; du darfst die für uns auch gerne mal machen ;-)
lg aus dem verregnet-verschneiten Salzburg,
Miriam

Anonym hat gesagt…

Hallo ihr beiden Auswanderer,

wirklich eine sehr spaßige Geschichte, mein erster Versuch Knödel hat sich ähnlich gestaltet...
Ich lese so gerne euren Blog mit, hatte nur noch nie die Zeit etwas zu schreiben.
Finde die Seite aber wirklich absolut unterhaltsam und interessant, danke für eure Mühen für uns Zurück gebliebenen.
Und danke für eure Mühen beim Halifirien.

LG aus Österreich
Babsi "Yavanna"