Freitag, 1. Februar 2008

Statistischer Anfall



Sue, Don, Virginia, Callum, Veronica, Trish, Wayne (Hosts, Verwandte und Friends); 16 Pferde, zwei Katzen, zwei Hunde, vier Ziegen, drei Schafe, zwei Hühner, ein Hahn; Wwoofer: Antonia: english, 21, English Literature in Cambridge, Horsetrecks; Jules: deutsch, 21, abgenabelt von Deutschland, Computer; Philipp und Linda, 25 und 26, deutsch (Leipzig und Dresden); 3 Franzosen (swai Kösche, ain Carpentier sprisch Simmörmann), lyonnaise; Lennard: holländisch, 20, schreibt gerade ein Buch über den Aufstieg der Lappen, auch Onkel ist Literat, Nervtöter.
Nachdem wir gestern wieder einen ereignislosen Tag mit Pferde-Zu-Schanden-Reiten und Puzzlespielen verbracht haben, kommte heute (So, 26.1.) der wirklich harte Job: Eric soll motorsägen mit einer echten Motorsäge. Vorher müssen allerdings noch bockige Ziegen- und Schafböcke aus dem Weg geräumt werden. Uff!

Harte Mädchen, sture Jungs



Do, 24. Jänner: Sue ist wieder da und übernimmt das Regiment. Aufräumen nach dem Sturm ist angesagt: Mela klaubt Äste und Zweige rund ums Haus, Eric betreut die Kompost-Feuerstelle. Idealerweise wird dabei unsere nasse Wäsche auf der Leine gleich wieder geräuchert.
Nach der Vormittagspause wird’s interessanter: Wir legen einen Landschaftsgarten an. Heißt: auf einem Streifen neben einer Lacke erstens Gras niederhacken, zweitens Zeitungspapier fünflagig drüberbreiten, drittens halbverdorbenes Heu drauf und viertens unseren Anhänger Pferdeäpfel. Befriedigend, das. Und lustig, zu mehreren. (siehe Foto 1)
Nachmittags: reiten auf der Koppel. Melas Peter ist eine Welsh-Pony-Mischung, ein Mann mit Allüren, stur und sehr gescheit. Ohne Gerte rührt er sich nicht, mit ist er das aufmerksamste Pferd ... ziemlich witzig. Mela versucht sich mit abendlichen Apfel-Besuchen auf der Koppel einzuschleimen. (betrachte Foto 2)

Puzzlemania

Nach getanen Mühen haben wir uns aber echt was verdient. Und was gibt es da besseres als ein neues Puzzle anzufangen. Jeden Tag aufs Neue schaffen wir es, unseren inneren Schweinshund zu überwinden und wieder eins anzufangen – na gut, in vier Tagen sind’s drei. Aber wir sind glücklich dabei. Das macht wenigstens keinen Muskelkater oder Schwielen am Hintern. Das Bild dazu ging leider verloren (bzw. habens die Deutschen ...)
Und noch was Neues probieren wir heute aus: den Schlüssel wirklich im Auto einsperren. Mela will den Schlüsseldienst rufen, Eric sucht Draht.
Zwei Leute kommen unabhängig voneinander auf die absurde Idee, den Toyota-Schlüssel unserer Mit-Wwoofer an unserem Mazda auszuprobieren und siehe: Er tat sich auf.
Ausarten tut das Ganze trotzdem noch in einen Workshop im Auto-aufbrechen: Schlossknacker-Eric war mit dem Draht erfolgreich und lernte vier weitere begeisterte Ganoven-AspirantInnen an.

AUSRITT oder „Der Mann, den sie Pferd nannten“



Antonia als Treckführerin bringt uns an den Rand der Wildnis – gleich neben der Motocrossbahn. Und auch wenn wir einmal komplett chaotisch aufeinander aufgaloppieren – es ist klasse. Für Eric überhaupt der erste Ausritt. (Foto 2: Antonia, Mela. Linda, Eric)
Eric, Jimmy und Mount Ruapehu (Foto 1, links) – wenn das nicht gleichermaßen professionell wie romantisch aussieht! Aufgesessen kommt das allerdings gleich ganz anders rüber (Foto 1, rechts).
Wir reiten also wie die Wilden, sodass unsere Pferde letztendlich zusammenbrechen und wir ihnen den Gnadenschuss geben müssen. Sue ist wenig amused. Wir versprechen den Schaden zu ersetzen. (Foto 3)

Leipzig meets Cambridge

Nächsten Tags gibt’s noch mal feinen Regen, darum die Fernanweisung von Sue: Fenster putzen. Stöhn. Alle Fenster der Farm. Dazu zwei Motelzimmer saugen, Bäder putzen. Mit einer weiteren Wwooferin, Antonia aus England, sind wir vier (bzw. fünf) aber schnell fertig und machen noch eine gemütliche Runde über die Koppeln auf der Suche nach giftigen Unkräutern, von denen so wenige stehen, dass wir spaßeshalber drum kämpfen. Mittags wird das Wetter besser – wir reiten aus!

Back to the coalmine



Di, 22.1. Ohakune. Puh. Jetzt wird aber wieder mal gearbeitet! Vorstellig wurden wir ja schon bei der recht resolut wirkenden Sue. Also mal sehen, was kommt. Wie sich rausstellt, ist Sue aber zwei Stunden entfernt das Auto eingegangen. Mit Pferd hintendran. Empfangen werden wir von ihrer Schwester und einem Freund des Hauses, Wayne, der uns die Arbeit zuteilt: Pferdemist einsammeln wieder mal. Diesmal keine steile Koppel, aber dafür bei Wind und Sprühregen. Die anderen beiden Wwoofer sind auch heute angekommen, zwei Deutsche Mitte zwanzig: Philipp und Linda. Wir dürfen eine Stunde früher Schluss machen und Linda packt ein Puzzle her, das uns den Rest des Tages sehr friedlich beschäftigt. Geschlafen wird weiterhin im Van. Zimmer gibt’s keins und der angebotene Wohnwagen bringt nicht wirklich einen Gewinn.

Sonntag, 27. Januar 2008

Ja und nach der naechsten turbulenten Strecke ist schon der Abholplatz! Wir wollen gar nicht raus aus dieser eigenen Welt. Hach! Schoen war’s.

Bisher waren die so genannten Stromschnellen nicht wirklich welche. Stufe 1 heissen sie. Obwohl wir es am ersten Tag doch geschafft haben, in einer scharfen Rechtskurve frontal gegen die Felswand zu bumpern. Aber nun hat Eric das Steuer im Griff und wir sind geruestet fuer die „good ones“, wie Flusskenner sie nennen.
Die, wo die Leute dahinter Mittag machen, um sich einen Ast zu lachen, wenn die anderen kentern. Nach ausgiebig Uebung auf Stufe 1 und vor allem nach Stunden ueber Stunden auf komplett stroemungsfreien Flusskilometern sind wir nun echt reif fuer Action.
Man muss sie nur schoen grade anfahren und in der Mitte bleiben, wo die Wellen am hoechsten sind. Sie sind auch hoch, aber wir kommen durch, mit Entzueckensgekreische noch dazu. Die Briten nicht. Sie haben es zwar auch richtig gemacht, sind aber ungluecklicherweise vorne total in einen Welle eingetaucht und sanglos untergegangen. Zum Glueck ist das Wasser bacherlwarm und vielleicht brusthoch, man zieht das Boot einfach an Land.

Die naechste hat fast 1 Meter hohe Druckwellen (s. Bild), es schwappt ordentlich rein, die Hose wird nass (nur vom Flusswasser!), aber welch ein Spass! Danach heisst es nicht schwanken, so voll ist der Kahn – und ordentlich schoepfen hinterher!

Der Rhythmus des Ruderns hat was Suechtigmachendes. Das Hirn macht Platz fuer die reine Routine der Bewegung. Eintauchen, ziehen, wieder nach vorn. Die heutige Etappe ist kuerzer, wir finden die eine oder andere Hoehle mit Wasserfall drin – feinstens. Zu Mittag steigen wir aus und wandern 40 Minuten zur „bridge to nowhere“. Hier, im dichten, steilen Urwald, haben tatsaechlich Leute versucht, Land zu roden. Erste-Weltkriegs-Veteranen, denen es als „Belohnung“ angeboten wurde. Als die Betonbruecke in den 30ern dann fertig war, waren nur noch drei Farmen oder so in Betrieb, der Rest hatte aufgegeben.
Highlight des Tages ist die Empfangszeremonie im Maori-Stil am Abendrastplatz, einer zum Campingplatz wiederbelebten marae (Maori-Versammlungshaus). Wenn in frueheren Zeiten eine fremde Gruppe sich dem Wohnplatz einer anderen naeherte, wurden die Frauen vorgeschickt. Sollte heissen: Wir kommen in friedlicher Absicht und zeigen euch das, indem wir euch die Freiheit geben, unsere Frauen zu massakrieren (so ungefaehr jedenfalls). Wenn es gut gegangen ist, setzen sich ebendiese Frauen brav nach hinten und die Maenner reden. Was man hier will und so weiter. Klingt sehr angenehm, die Sprache. Dazwischen singen die Frauen – auch schoen. Es wird der Vorfahren gedacht und wir bekommen den Gedanken dahinter erklaert. Das war’s. Und morgen geht’s an die Stromschnellen.

Der naechste Morgen findet eine nicht wirklich genug Schlaf gehabt habende Mela. Interessante Erfahrung allerdings: Die Arme haben keinen Muskelkater, es war mehr ein gleichmaessiger, intensiver bis violenter Schmerz ¸ber ihre ganze Laenge, sodass man weder darauf liegen, noch sie runterhaengen lassen konnte. Vom 20-stimmigen Schnarchkonzert mal abgesehen.
Aber der Fluss hat uns schon. Wir sind regelrecht ungeduldig, wieder loszufahren und starten als eine der ersten um Viertel nach acht bei delikatem Morgennebel.
Der Whanganui ist hier ein Nationalpark; viel Land gehoert den Maoris, die hier ihre traditionelle Lebensweise pflegen. Jede Biegung hat ihren Waechter, der dazu da ist, ihren spirit zu bewahren. Das Tal vom Fluss aus zu sehen, ist etwas komplett anderes als von oben, von der Strasse. Mittendrin zu sein: das einzig Wahre. Ein Privileg.

Aber das Privileg haengt sich an. Wenn man muede wird, haut man sich die Finger an der Bootswand an. Beim fuenften Mal an derselben Stelle tut das dann zum Fluchen weh. Auch gehuert sich uebers Steuern und Steuernlassen geeinigt. Der Fluss ist unsere ganze Reise en miniature – und im Extrem: die ganze Zeit zusammen, auf engstem Raum, sich einigen.

Am Nachmittag kommt Wind auf. Gegenwind. Ausserdem sind wir spaet dran. Laune und Kraefte reichlich strapaziert, legen wir uns beide noch mal ins Zeug und erreichen den gelobten Campingplatz um 7 Uhr abends.
Dort ist ordentlich Betrieb: Unser Zelt ist eines von etwa 20, auf drei engen Terrassen im steilen Hang. Unsere Nachbarn sind eine lustige Truppe von 16 Leuten: Verwandte, Freunde, Bekannte, alles Neuseelaender. Im Bild: ihr Anfuehrer „Tittles“, der mit dem besten Mundwerk. Wir lachen uns auch die Wangen noch wund, geniessen unsern Chenin Blanc mit Cookies und kriechen bald ins Zelt.
Bei geschlossenen Augen allerdings schwappt man nach. Soll heissen, das Gleichgewichtssystem, nicht checkend, dass man wieder auf Festland ist, gleicht noch immer das Schaukeln des Bootes durch Gegenschaukeln aus, was sich extrem betrunken anfuehlt, aber definitiv nicht am Wein liegt.
Das vordere Paddel rudert rechts vom Boot: eintauchen, ziehen, wieder nach vorn. Eintauchen, ziehen, wieder nach vorn. Zwei Stunden keine Menschenseele ausser uns. Links und rechts steile Haenge voll einheimischen Urwalds. Hohe, schmale Spalten oeffnen sich von hinten her, innen reich bewachsen. Oben durch scheint Licht. Durchatmen. Wow.

Eintauchen, ziehen, wieder nach vorn. Wir haben sechs bis sieben Stunden rudern vor uns bis zum Abendrastplatz. Es beginnt zu ziehen: in der Schulter, im Nacken, im Oberarm, im Unterarm.
Die Mittagsrast: ein eher freudloser Imbiss auf einer nackten Schotterbank. Zehn Minuten essen, zwanzig Minuten aus- und einpacken. Ein sympathisches britisches Paar ist kurz nach uns gestartet, landet hier und zeigt uns seinen wichtigsten Proviant: eine Flasche Rum.

Eintauchen, ziehen, wieder nach vorn. Der Wasserspiegel macht sich unsichtbar, die Uferfelsen spiegeln sich zu Mustern, die schwindelig machen. Wir ziehen vorbei. Sie ziehen vorbei. Schwebend irgendwie; fast magisch.
Der kleine Zufluss muendet bald in den richtigen Whanganui River, es wird breiter und tiefer. Eine Biegung bringt uns auszer Sicht. Ruhe macht sich breit. Wir sind allein.
Der Fluss. Glatt, spiegelgruen. Geruhsam.
Traege fast.

Getting started

19.–21.1. Whanganui River
Wer hinten sitzt, steuert. Wer vorne sitzt, paddelt. Unser Zeug in (hoffentlich) wasserdichten Tonnen zwischen uns. Wir schiffen uns ein – in knoecheltiefem Wasser. Der Fluss ist grad extrem seicht. Die Herausforderung besteht darin, dem Holz auszuweichen, das ueberall hervorschaut. Es hilft garantiert, wenn man vorher uebt, dreinzuschauen wie eine Ente – nur falls man welche treffen sollte.

Ein Fluss voll Wasser

Fr, 18.1. Wanganui – Whanganui River Road – Pipiriki – Ohakune
Ja, man kann das machen. Wir sind so Flamme, dass wir drei Tage buchen statt zwei. Der Kanu-Vermieter sitzt in Ohakune – genau dort, wo wir als naechstes arbeiten. Da schauen wir doch gleich auf der Farm vorbei und verschaffen uns einen Eindruck. Voher noch einen Eindruck vom Fluss, indem wir die Whanganui River Road rauffahren bis Pipiriki – genau dort, wo wir, von der anderen Seite kommend, in drei Tagen wieder aussteigen werden.
Wuff, das Tal kann was. Wir freu’n uns!